20131021 Ruhetag in Qinzhou

und ein Rückblick auf die letzten 30 Tage

Kein Wecker um 05:30. Schon mal ein guter Start in den Tag, der auch erst um ca. 8 Uhr für mich begonnen hat. Also mal einigermaßen ausgeschlafen. Zwischen den Optionen Sightseeing und Ruhetag habe ich mich für letztere entschieden. Viel zu sehen gibt’s hier nicht und die ca. 40km entfernte Bucht, in der möglichweise Delfine zu sehen sind, war mir dann doch zu weit weg und zu ungewiss. Bei den anderen ist auch relativ wenig Tatendrang zu verspüren. Außerdem sind die Beine ziemlich müde und eine richtige Pause tut bestimmt gut.

Nach dem Frühstück und einem Mittagsschläfchen habe ich mit diesen Blogeintrag begonnen und sitze nun in Qinzhou, im Dolphin Hotel, Zimmer 406, ca. 8856km von Neunkirchen-Salchendorf entfernt und versuche mal, die Eindrücke der letzten 30 Tage zusammenzufassen. So recht motiviert bin ich zwar nicht, aber der Zeitpunkt scheint mir recht passend zu sein. Mal schau’n was sich so ergibt.

Mehr oder weniger spontan fällt mir der Satz ein, den, ich glaube Barbara war’s, mal zu mir gesagt hat, als wir uns über die Route und das, was wir bisher so gesehen haben, unterhalten haben:

„I think we can say, we have seen China“.
(Ich denke, wir können sagen/behaupten, daß wir China gesehen haben)

Der Satz an sich sagt erst mal nicht viel aus. Ich denke, daß die meisten Mitreisenden  dem zustimmen würden, allerdings mit so einem wissenden Ausdruck im Gesicht, der so was wie „oh ja“ oder auch „ja leider“ beinhaltet. Was wir hier erlebt, gesehen, gehört, gerochen, gefühlt und geschmeckt haben, habe ich versucht, in den letzten Tagen mit Wörtern und Bildern zu vermitteln. Mir ist bewußt, daß mir das nur zu einem kleinen Teil gelungen ist und ich gerne noch mehr geschrieben und fotografiert hätte. Aber dafür waren es einfach zu viele Eindrücke und zu wenig Zeit. Immerhin galt es auch jeden Tag ca. 114km mit dem Rad zu bewältigen und die Motivation zum Schreiben war auch nicht immer da, was häufig an den Eindrücken lag.

Es macht mir zumindest nicht so viel Spaß zu schreiben, wenn man den ganzen Tag an einer dreispurigen Schnellstraße bzw. Autobahn fährt, auf der jeder wie bescheuert rumhupt oder durch eine weitere Millionenstadt (4 in Deutschland, ca. 48 in China), deren Namen keine Sau kennt, die eine einzige Baustelle sind oder auf Landstraßen unterwegs ist, bei denen der Straßenrand aus Müll besteht und dort, wo zu viel Müll ist, einfach verbrannt wird. Die Flüsse sahen häufig auch nicht besser aus. Ralph hat mir heute morgen auch erzählt, daß China, zumindest bis vor ein paar Jahren, große Probleme mit der Trinkwaserversorgung gehabt hat, weil das Wasser einfach so verdreckt und verseucht ist, daß keine Kläranlage der Welt daraus trinkbares Wasser erzeugen kann.
Wildlebende Tiere gab es relativ wenig zu sehen. Einige wenige Vögel, darunter ein Falke, ein paar Eidechsen, eine lebende und zahlreiche plattgefahrene Schlangen, überraschend wenige Insekten

Aber es war ja nicht alles schlecht, was ich hier erlebt habe. Es gab einige, leider zu wenige, richtig schöne Etappenabschnitte, das Essen war ziemlich gut und sehr vielfältig, die Menschen an sich waren, bis auf eine Ausnahme (ein Mädchen hat mal einen Stein nach mir geworfen. Am gleichen Tag ist das wohl auch bei anderen geschehen), nie unfreundlich. Bei unseren Coke-Stops wurden uns sehr häufig kleine Schemel zum sitzen hingestellt und hier und da wurde uns auch der Weg gewiesen, weil schon andere Fahrer vor uns vorbeigekommen sind. Bei unseren viel zu vielen Unfällen sind auch meistens Chinesen hinzugekommen und haben versucht zu helfen, was sich aber wegen der Sprachbarriere als nicht so einfach erwiesen hat.

Gerade in den ländlicheren Gegenden wurde uns häufig zugewunken und ein Lächeln wurde auch häufig erwidert. Gerade die Kinder hatten doch ihre Freude an unserer bunten, seltsam aussehenden, auf Hightechrädern vorbeifahrenden Truppe. Überhaupt gibt es sehr viele Kinder in China, aber irgendwo müssen die 1,3 Billionen Menschen ja her kommen.

Zu meinen Mitreisenden fällt mir auch nix Negatives ein. Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit. Aus noch ungeklärten Gründen habe ich mit einigen mehr, mit anderen weniger zu tun. Gut, mit Kendy verbindet mich (leider) der Unfall und seit diesem Zeitpunkt unternehmen und fahren wir relativ viel gemeinsam. Mit Walli und Michael komme ich (sprachbedingt, aber auch sonst) gut klar. Gerade Walli bin ich sehr dankbar, daß sie mich in den ersten Tagen in Shanghai „unter ihre Fittiche“ genommen hat und mir so den Einstand etwas erleichtert hat. Sehr beeindruckend finde ich das Leistungsniveau, auf dem hier gefahren wird. Gerade im Hinblick auf das durchaus fortgeschrittene Alter, das hier einige haben. Es sind doch einige über 60 und ich kann nicht mit allen mithalten. Einige von ihnen haben zwar leichtere Räder, aber was die hier Tag für Tag leisten ist schon bemerkenswert.

Was gibt es sonst noch:
Ich habe in diesen Tagen ein gewisses Interesse an Blumen entwickelt, weil sie manchmal die einzigen Farbtupfer entlang des Weges waren und wenigstens etwas Schönes an sich hatten.

An der Organisation von TdA gibt’s eigentlich auch nicht viel zu meckern. Nur bei der Wegauswahl hätte ich mir mehr Landstraßen gewünscht. Aber sie führen diese Tour das erste Mal durch und werden (hoffentlich) ihre Lehren daraus ziehen.

Wir haben morgen noch ca. 100km in China vor uns und dann geht es am Mittwoch nach Vietnam. Neues Land, neues Glück. Ich bin gespannt und werde, wenn möglich, berichten. Allen Daheimgebliebenen wünsche ich einen schönen Herbst. Wie ich hörte, soll es noch mal warm werden. Also raus in die Natur und das schöne, ruhige, saubere Deutschland genießen. Das Fahrrad eignet sich besonders gut dafür 😉

Nachtrag: den gestrigen Blogeintrag habe ich noch um ein paar Bilder und Kommentare vom Abend ergänzt.

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