20200726 Geschafft

Der letzte Tag hatte es aber noch mal in sich. Der Regen war zumindest durchgezogen und auf leicht feuchten Straßen ging es durch das Rheingebiet rund um Ludwigshafen, Worms bis nach Mainz mit Rückenwind aus Süd-West die ersten 80km ganz gut voran.

Allerdings war mir schon klar, dass ich von Mainz bis Bingen Gegenwind haben werde. Dass der Wind den Tag über auch noch gedreht hatte und dann aus West oder Nord-West gekommen war, machte es auch nicht besser. Und so wurden die nächsten 150-160km zur mentalen Qual. Die Beine bewegten sich zwar immer noch einigermaßen rund, aber dieser Wind macht einen schon mürbe. Rein rechnerisch macht es eigentlich auch keinen entscheidenden Unterschied, ob man mit 21 mit Gegenwind, 22 bei Windstille oder 23km/h mit Rückenwind fährt. Auf 200km benötigt man dann irgendwas zwischen 8,5 und 9,5h. Und ob ich jetzt eine Stunde früher oder später ankomme, spielt eigentlich keine Rolle. Reine Kopfsache also. Aber so recht wollte der Kopf nicht mehr.

Nach einem weiteren Gespräch mit der Info-Zentrale in Person von Michaela habe ich Abends erst mal eine längere Pause gemacht. Laut Wetterbericht sollte der Wind im Laufe des Abends bzw. der Nacht abflauen und am nächsten Tag sogar aus Süden kommen. Habe mir in der Pause 500g frische Tortellini gegönnt. Die hatte ich vom Vortabend noch mit und haben echt gut getan.

Während des Telefonats saß ich irgendwo in einem verlassenen, weil Sonntag, Industriegebiet auf dem Gehweg. Ich muß wohl ziemlich kaputt ausgesehen haben, denn ein ziemlich tätowierter Mann kam zügigen Schrittes auf mich zu und fragte, ob alles in Ordnung sei. Ich sagte ihm dann, das ich mit dem Wind hadere, etwas erschöpft wäre aber eigentlich alles OK sei. Und wieder zeigte sich, dass die meisten Menschen gar nicht so schlecht sind.

Um den Tag und die Helligkeit noch eingermaßen zu nutzen, konnte ich mich nach der Pause doch noch mal aufraffen, um auch gegen den Wind weiter zu fahren. Geplante Ankunft war zu diesem Zeitpunkt schon nach Mitternacht.

Und so ging es km um km langsam aber stetig weiter. Von Remagen bis Bonn zog es sich wie Kaugummi, in Bonn selbst, es war dann auch schon dunkel, hatte ich dann aber eine gute Hauptstraße mit separatem Fahrradstreifen gefunden, die mich recht kurzweilig und geradlinig durch die ehemalige Hauptstadt geführt hat. Den Rheinradweg habe ich versucht, so viel wie möglich zu vermeiden, weil der, das wusste ich, in dieser Gegend immer wieder von Wurzeln durchzogen ist und jeder Hubbel dem mittlerweile doch teilweise empfindlichen Hintern zugesetzt hätte.

Hinter Bonn dann einigermaßen gut bekanntes Gebiet. Habe mich dann über Wesseling und Brühl bis nach Hause geschleppt. Der Haus“berg“ Knappsack tat dann gerade in Fischenich mit kurzen 10% noch mal etwas weh, aber nach 15,5 Tagen, 3010km, 137:43 in Bewegung, 13667hm und ~50.000 kcal (ohne Grundumsatz) bin ich genau genommen am 27.07. um ca. halb eins zu Hause wieder angekommen, wo mich Michaela schon vor der Haustür empfangen hatte.

Das war meine „große“ Tour 2020. Unterm Strich erfolgreich. Ziele soweit erreicht, gesund geblieben und keine wirklichen Probleme gehabt. Ärgerlich ist nur das zerkratzte Tretlager und die verlorenen Kopfhörer. Beides aber verkraftbar.

Gesamtstrecke: 281.2 km
Gesamtanstieg: 720 m
Gesamtabstieg: -759 m
Gesamtzeit: 17:09:18
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