20131007 10 Dinge, die ich an China nicht mag

bzw. an den Chinesen.

Vielleicht liegt es am Schlafmangel, den ich seit Tagen habe, aber am heutigen Morgen war ich nur mäßig motiviert, auf’s Rad zu steigen und durch dieses Land zu radeln.
Vielleicht bin ich auch mit falschen Erwartungen in diese Tour gestartet. Wobei ich dazu sagen muß, daß ich ursprünglich die Südamerika-Tour von TdA mitmachen wollte, diese aber wegen mangelndem Interesse leider nicht zustande gekommen ist. Und so hatte ich die Wahl zwischen der Nordamerika- und der Südostasien-Tour. Ich habe mich für letztere entschieden, weil ich mir gedacht habe, daß ich Nordamerika eher mal alleine machen kann als Südostasien. Mittlerweile bin ich zur Erkenntnis gekommen, daß man zumindest in China eigentlich ganz unbesorgt bzw.  nicht besorgter als Anderswo fahren kann.
Warum mache ich das überhaupt? Vor ein paar Jahren habe ich mit dem Radreisen begonnen und dabei viel Schönes gesehen, auch oder gerade in Deutschland. Ich mag nun mal die Natur und vielleicht habe ich mit Skandinavien mein persönlich Highlight schon erlebt. Wer weiß. Um das herauszufinden habe ich mir zum Ziel gesetzt, in der mir verbleibenden Zeit auch die restliche Welt auf dem Rad zu erkunden und TdA schien mir dafür eine gute und sichere, wenn auch nicht gerade günstige Möglichkeit zu sein.
Ich weiß nicht mit welcher Intention TdA die Routen durch China gewählt hat. Sharita hat die Route vor drei Monaten abgefahren und muß ja irgendwie zu dem Schluß gekommen sein, daß die Route Ok ist. Welche Kriterien sie da angewendet hat, weiß ich noch nicht, werde sie diesbezüglich aber noch fragen.
Naja, wie auch immer. In den ersten Tagen habe ich versucht, mich an denen sich in der Minderheit befindlichen schönen Momenten und Aussichten zu erfreuen. In den letzten Tagen ist die Motivation zum Schreiben allerdings immer geringer und meine Texte immer kürzer geworden. Evtl. auch ein Nebeneffekt des fehlenden Schlafes. Aber bestimmt auch eine Folge von den Eindrücken, die hier überwiegen und auf mich einwirken und ich im folgenden mal beschreiben möchte.

Kurz vor meiner Abreise hat mir einer erzählt, daß China ein sauberes Land ist. Ich vermute mal, das diese Person ausschließlich in den richtig großen Städten und deren Zentren unterwegs ist. Die sind in der Tat Tip-Top-Sauber. Alles ist neu, ist modern, es liegt kein Müll rum. Sobald man aber diese Zentren verläßt und durch die „normalen“ Städte fährt, zeigt sich ein anderes Bild.

China scheint eine einzige große Baustelle zu sein. Überall werden neue Häuser und Straßen gebaut oder erneuert. Es ist schon Wahnsinn, welche Men-Power die Chinesen zur Verfügung haben.
Das hat zur Folge, daß überall Baumaterial und Bauschutt rumliegt, es ziemlich staubig ist.
IMGP0735_600x337Sally hat mir erzählt, daß gerade der Straßenbau in China einer Katastrophe gleicht. Der eine Verantwortliche hat die Vorgabe, daß der Asphalt oder die schon so häufig befahrenen Betonplatten erneuert werden müssen. Im nächsten Jahr kommt dann der nächste Verantwortliche und meint, die Kanalrohre müßten erneuert werden. Im dritten Jahr ist dann die Straßenbeleuchtung dran. Und so befinden sich die Straßen in einem ständigen Baustellenzustand. Den Bauarbeitern schmeckt das wohl gar nicht, aber es wagt auch keiner etwas zu sagen, weil das wohl bis zu freiheitsberaubende Konsequenzen hat, zumindest habe ich das so verstanden.
Und da, wo nicht neu gebaut wird, sind doch ein Großteil der Häuser in einem, sagen wir mal, fragwürdigen Zustand. Sobald etwas fertig ist, scheint es so gut wie keine Erhaltungsmaßnahmen zu geben. Nach dem Motto: Wenn’s kaputt ist, wird eben wieder was Neues gebaut.
IMGP0730_600x337Am Straßenrand liegt regelmäßig der Müll rum und da, wo er Überhand nimmt, wird er einfach verbrannt. Darüber hatte ich schon mal geschrieben.
IMGP0756_600x337 Vor ein paar Tagen konnte ich beobachten, wie zwei junge Mädchen auf der Marktstraße unterwegs waren, dabei etwas gegessen haben und ganz selbstverständlich die Verpackung einfach haben fallen lassen. Ich glaube zwar, das diese Straßen einmal am Tag komplett gesäubert werden, aber irgendwie kann’s das nicht sein.
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Nicht selten werden nicht mehr fahrtüchtige Fahrzeuge einfach abgestellt und diese rosten dann so langsam vor sich hin.
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Auch in den Flüssen, die durch die Städte fließen, ist immer wieder Müll zu entdecken. Teilweise schimmert auch die Wasseroberfläche in seltsamen Farben. Und ein paar Meter weiter waschen die Frauen ihre Wäsche im Fluß.

Zu den Verpackungen: die Chinesen sind wahrscheinlich Weltmeister im Luftverpacken. Die Enttäuschung war schon groß, als ich meine erste chinesische Keksverpackung geöffnet habe und festgestellt habe, daß ca. 30% des Inhalts aus Luft bestand. Kein Wunder also, daß so viele LKWs unterwegs sei müssen, um die ganze verpackte Luft durch die Lande zu karren.
Ein Pfandsystem für Dosen oder Flaschen gibt es keins. Würde wahrscheinlich auch keiner verstehen oder einen Sinn darin sehen.
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An sich mag ich ja die Ruhe und vermeide Lärm und Trouble, wo immer es geht (von Heavy Metal-Konzerten mal abgesehen). Diese Vorliebe wird hier auf eine ziemlich harte Probe gestellt. Zu dem Verkehr habe ich mich ja schon das eine oder andere Mal geäußert. Das ständige Hupen zehrt schon ein wenig an meinen Nerven. Ich gebe ja zu, daß es auf einer wenig befahrenen Straße, wo ab und zu mal ein Fahrzeug fährt, es durchaus hilfreich ist, daß das überholende Fahrzeug einmal kurz hupt. So weiß der Vordere, daß von hinten jemand kommt. Sobald die Anzahl der Verkehrsteilnehmer aber zunimmt, entsteht quasi ein einziges Hupkonzert und keiner weiß, welches Hupen denn jetzt für einen selbst relevant ist. Ich versuche mal, ein Video zu machen und hochzuladen, um einen Eindruck davon zu vermitteln.
Was die Chinesen auch gut können ist laut Reden. Mag vielleicht auch an der fremden Sprache liegen, aber eine Unterhaltung zwischen Chinesen ist immer laut und hektisch.

Thema Hygiene:
In den Dörfern habe ich ein paar Mal beobachten können, wie Kinder ihre Notdurft direkt vor’m oder in unmittelbarer Nähe vom Haus verrichtet haben und das Fleisch wird offen liegend am Straßenrand verkauft.IMGP0982_600x337In den Hotelzimmer lassen sich nicht selten lange schwarze Haare finden, die definitiv nicht von David oder mir sein können. In den Hotels rauben mir die Betten auch die eine oder ander Stunde Schlaf, weil diese deutlich härter sind als bei uns und unsere verweichlichten, westlichen Körper damit nicht klar kommen.

Insgesamt habe ich die Erkenntnis gewonnen, daß die Chinesen keinerlei Respekt vor der Natur haben und überhaupt kein Umweltbewußtsein existiert. Dieses Bild habe ich gestern in dem Park mit See aufgenommen und ist für mich eine Farce. Zugegeben: der Park war sauber.
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Da können wir in Deutschland noch so sehr versuchen, die Umwelt zu retten, auf der anderen Seite der Erde (ich weiß, stimmt nicht ganz) wird sie definitiv zerstört. Aber auch in diesem Punkt sollten wir die Hoffnung nicht aufgeben und vielleicht als Vorbild für die anderen Länder fungieren.

Ob ich jetzt auf 10 Dinge gekommen bin, weiß ich nicht, aber der abgewandelte Titel eines Films kam mir irgendwann in den Sinn.

Für die Leser des Blogs tut es mir leid, daß ich nichts Erfreulicheres schreibe, aber diese Eindrücke haben in den letzten zwei Wochen leider überwogen. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, daß es besser wird und so lange ich gesund bin und die Beine sich drehen, fahre ich weiter. Wer weiß, welche Erkenntnisse ich aus dieser Erfahrung noch ziehen werde und den einen oder anderen Lichtblick gab es ja schon.

Den Text hatte ich gestern schon geschrieben, aber das Hotel hatte keine Internetverbindung und mit meiner SIM-Karte gibt’s auch Probleme. Deswegen gibt’s heute zwei (ziemlich unterschiedliche) Tage.

20131007

 

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3 Antworten zu 20131007 10 Dinge, die ich an China nicht mag

  1. Dennis K. sagt:

    Lieber Marco,

    mit Interesse lese ich Deinen Blog, auch gerade weil die kritischen Erlebnisse/Beobachtungen Deinen Reisebericht (noch) bestimmen.

    Ich habe selbst habe schon einige Ecken dieser Welt erradeln dürfen, merke aber immer wieder, dass die heimischen Natur- und Kulturlandschaften in Europa sich hinter den exotischen Zielen nicht verstecken müssen. Mit Deinem selbstorganisierten Trip zum Nordkap hast Du die Latte natürlich v.a. ab Skandinavien schon sehr hoch gelegt, hast Du dort sicherlich genau das erradeln dürfen, was DEIN Radlerherz zu begehren scheint.

    Ich bin der festen Überzeugung, dass spätestens nach Hong Kong die abgelegeneren Pfade auf Dich warten werden. Wenn Du das nächste Mal einen Chinesen beim achtlosen Verschmutzen der Umweltfrevel beobachtest, sei beruhigt, ich habe am letzten Samstagmorgen 21 Minuten meiner Lebenszeit vergeudet, um Pfanddosen für 3,80Euro abgeben zu dürfen – stand ich zunächst knapp 10min in einer unsäglichen Schlange, um dann die nächsten 10min vor einer blockierten 15.000€ teuren, vollautomatischem Flaschen- Dosen- und Kästenaanalyse und -verwertungseinheit zu verbringen. Ob die Afrikaner, die sich gerade Lampedusa von unten angucken, unsere Lebensprobleme nachvollziehen können, sei vor diesem Hintergrund ungeklärt….

    • Dennis K. sagt:

      Ooops, irgendwie klappt es bei mir gerade weder mit EDV noch mit der Rechtschreibung. Genieße die positiven und negativen Erfahrungen auf dem Bike und keep on roling…..

      Weiterhin, Kette rechts und viel Rückenwind !!!

      Dennis

  2. Steffen sagt:

    Hi Marco,

    diese Dinge sind natürlich nicht so schön für uns als deine Fans zu lesen, aber natürlich mehr als verständlich. Grade was den Bezug auf Natur/Lautstärke/Verschmutzung etc. angeht, sind wir was anderes gewohnt und mögen/wollen wahrscheinlich auch alle was anderes.
    Ich denke im Moment ist die eigentliche Herausforderung für dich genau das, also das Zurechtkommen mit dieser völlig anderen Kultur, stellenweise auch deinen/unseren Prinzipien entgegensprechend, aber nichts desto trotz eine große fremde Kultur. Du kannst auf deiner Reise daran nichts ändern, aber zumind. andere (z.B.uns) daran teilhaben und daraus lernen lassen.
    Ich hatte mir schon gedacht, dass man in der Gegend nicht so einfach abgelegen fahren kann, dass man immer auf schmalen Naturpfaden/Wegen fährt wie du es glaub ich auch sehr magst, das ist bestimmt einfach der Umgebung etc geschuldet.

    Ich glaube auch nicht, dass die sportlichen Einheiten ohne sind, traue dir das aber auf jeden Fall zu, egal was da kommt. Das kopftechnische was dir (grade im Moment) abverlangt wird, braucht daher mehr deiner Aufmerksamkeit und vor allem deinen Willen. Aber auch hier denke ich, wirst du das Positive weiterhin raus ziehen und dich nicht unterkriegen lassen, egal von welchem Staub.
    Schaufel dir die Erfahrungen, schaufel sie dir alle, egal ob sie gut oder schlecht sind, denn die kann dir niemand nehmen und man wächst daran!

    Ich wünsche dir weiterhin gute Fahrt, viele (mehr) positive Eindrücke und einen „möglichst“ guten/besseren Streckenverlauf nach deinen Vorstellungen.

    Vielen Dank auch nochmal, dass du uns an deiner Reise und deinen Gedanken teilhaben lässt, auch für jeden Leser hier ist es neben der Spannung, eine Art Erfahrung.

    Viele Grüße aus der Heimat !
    Wir sehen dich!

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