20110725 Tag 24

Mit Worten und Bildern…

…kann ich den heutigen Tag eigentlich nicht beschreiben. Einfach unglaublich. Die Bilder, die ich gemacht habe, geben bei weitem nicht die Eindrücke wieder, die ich heute hatte und in Worte fassen kann ich es auch nicht. Trotzdem versuche ich es mal:

Der Wecker ging schon um 5:30. Gestern bin ich extra früh schlafen gegangen, denn ich hatte eigentlich vor, bis nach Kautokeino zu fahren (ca. 80km) und einen halben Tag auszuruhen. Kurz vor Fahrtbeginn wird aus dem Nieselregen ein „normaler“ Regen und ich ziehe den Poncho an. Schnell noch den Schlüssel abgegeben und der Regen hört auch schon wieder auf. Etwas skeptisch lasse ich den Poncho noch an, aber nach 2km ziehe ich ihn doch aus. Ansonsten ist es frisch, d.h. Regenhose, Handschuhe, Mütze und Jacke.

typische Landschaft in Lappland

Die letzten 36km in Finnland vergehen dank des starken Rückenwindes wie im Flug. Die Grenzüberfahrt verläuft unspektakulär und kurz hinter der Grenze mache ich meine erste Pause.

Grenzübergang Finnland-Norwegen

Es geht leicht aufwärts und das flache Lappland weicht so langsam einem hügeligeren Gelände. Das helle Grün der Wiesen und Moore weicht dem dunkleren Grün eines dichten, nicht enden wollenden Waldes.

 

die bewaldeten Hänge des Altaelva

Kurz vor Kautokeino kommt mir eine deutsche Radwanderin entgegen, die schon am Nordkap war und sich jetzt gegen den Wind nach Enontekiö kämpft. „Wohin ich heute noch wolle?“ fragt sie. „Eigentlich bis Kautokeino, aber vielleicht nutze ich den Wind und fahre noch ein paar Kilometer weiter“.

Gegen Mittag habe ich Kautokeino schon erreicht. Der Campingplatz liegt am Ortseingang, aber ich muß noch in den Ort Geld holen (norwegische Kronen) und ein bischen Einkaufen. Meine ersten Versuche, eine norwegische SIM-Karte für das Internet zu bekommen scheitern hier. Zurück zum Campingplatz habe ich keine Lust und fahre weiter. In 35km treffen sich zwei Straßen, da wird es schon was geben.

Ab Kautokeino folgt die Straße dem Altaelva, einem großen Fluß, der sich durch ein weites Tal schlängelt. Für mich geht es flußabwärts und mit dem immer noch starken Rückenwind gut vorwärts.

An der Kreuzung gibt es außer ein paar Hütten nichs und ich fahre einfach mal weiter. Bei der nächsten Pause befrage ich mal das Internet, ob hier noch ein Campingplatz vor Alta kommt. Das Internet meint: nö.
Interessehalber schaue ich mir noch das Profil von dem Weg bis Alta an. Ein paar Kilometer geht es noch mal bergauf, danach fast 50km abwärts. Schaun ma mal.

Bei Km 120 komme ich an einen Parkplatz direkt am Fluß, auf dem 2-3 Campingwagen aufgestellt sind. Ich überlege, ob ich hier übernachten soll. Die Straße ist zwar im Hintergrund aber der Platz ist schön. Während meinen Überlegungen belästigen mich zwei Mücken und ich entscheide mich für’s Weiterfahren. Die Beine sind noch gut und den Wind muß ich einfach nutzen.

die B93 entlang des Altaelva

Je mehr Kilometer ich auf der B93 entlang des Altaelvas unterwegs bin, desto faszinierter bin ich von der Landschaft. Auf den kleinen Anhöhen kann man kilometerweit schauen und sieht nur Wald. Rechts immer wieder der Fluß, teilweise mit kleinen Seen dabei und auf der anderen Flußseite die ebenfalls dicht bewaldeten Hänge. Links ebenfalls Wald. Der Verkehr auf der Straße ist mäßig und stört kaum.

Wie berauscht und vom Wind getrieben geht es so 65km weiter, bis zu der Stelle, wo es bergauf geht. Direkt am Fluß mache ich noch mal Pause und beobachte zwei Angler. Mittlerweile ist die Wolkendecke auch etwas aufgerissen und die Sonne kommt hier und da durch.

Angler am Altaelva

Den Aufstieg beginne ich im gemäßigtem Tempo, aber der Wind schiebt so kräftig, daß ich schneller fahren kann. Nach den ersten Höhenmetern habe ich dann folgenden Ausblick zurück in das Tal. Dieses Bild zeigt am ehesten, wie schön es hier ist.

 

Ausblick in das Flußtal

Ab der nächsten Kurve trennen sich dann die B93 und der Altaelva und es geht in 10km auf 400m hoch.Auch hier oben gibt es viel zu sehen. Immer wieder Seen und kleine Flüsse und natürlich ganz viel Wald. Der Verkehr nimmt auch noch mal ab.

 

faszinierende Aussicht

10km bleibe ich auf den 400m und dann geht es erst mal 12km hinunter zu einem See. Am Ende des Sees sind auch dichte Nebelschwaden zu erkennen.Die Sonne steht mittlerweile so tief, daß sie hinter den Hügeln verschwunden ist und es wird merklich kühler.

See im Schatten der Hügel

Entlang des Sees wird mir dann erst richtig bewußt, daß ich (wieder) in Norwegen bin. Immer wieder rauscht rechts ein kleiner Wasserfall oder Bach die Felswand herab. Die 10km entlang des Seeufer fallen mir allerdings schon deutlich schwerer, da der  Wind nachgelassen hat und ich auch schon seit 11h (brutto) unterwegs. Und das an einem Ruhetag.

Am Ende des Sees, der dort in einen Fluß übergeht, fahre ich in den Nebel hinein und tauche für ein paar Km in eine andere Welt ein. Die Sicht beträgt geschätzte 100m, links rauscht der Fluß, rechts sind steile, nasse Felswände und es ist kühl. Hinter jeder Kurve erwarte ich fast, daß ein Troll die Straße überquert.

nebelverhangene Felsen am Fluß

hinein in den Nebel in eine andere Welt

Der Weg durch den Nebel geht steil bergab und nach dem dritten Stopp habe ich wieder die Kleidung von heute morgen an. Irgendwann läßt der Nebel nach und es geht die letzten Kilometer gemäßigt flußabwärts. Zu großen Steigungen wäre ich heute auch nicht mehr in der Lage. Nach 9:40 Fahrzeit und 209km erreiche ich den Campingplatz kurz vor Alta.

Auf dem Campingplatz komme ich noch kurz mit einem anderen Radfahrer ins Gespräch: Sie kommen von der Küste und hatten den ganzen Tag Regen. Auch die Frau von der Rezeption meint, daß es hier den ganzen Tag geregnet hat. Ich habe heute unglaubliches Glück gehabt.

Ich kann jedem nur empfehlen mal von Kautokeino nach Alta zu fahren. Am Besten mit dem Fahrrad.

Ich würde noch gerne mehr schreiben aber für mich geht einer meiner längsten und beeindruckendsten Tage zu Ende.

Und morgen ist Ruhetag.

20110725

(Hat die Frau von der Rezeption nicht gesagt, daß es morgen schönes Wetter geben soll…)

 

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6 Antworten zu 20110725 Tag 24

  1. Illy sagt:

    Phantastische Bilder .-)) unglaublich schön !
    Die Trolle sind garantiert Nachts unterwegs, wenn keiner sie sieht…

    Corinna hat Dich bereits letzte Woche als vermisst gemeldet… richte dann heute gerne mal Grüße aus !

    Mein trip war kurz, aber tief und blau !! Hatte echt fun im Wasser.

    Und du wirst es nicht glauben, ich hab mich jetzt endlich entschlossen mir ein Rennrad anzuschaffen. Weiß schon.. nicht so deins…

    Pass gut auf dich auf, weiter immer gute Fahrt und den Wind im Rücken

    Liebe Grüße aus Köln
    Ilka

  2. azeg sagt:

    Hey Marco,
    sehr spitz beschriebene Tagesetappen und tolle Fotos.
    Macht extrem Laune, Dir hier zu folgen.
    Ich freue mich, dass vor allem Deine Technik gut durchhält; Da sind wir ja anderes gewohnt 🙂
    Grüße
    AZE

  3. Annette sagt:

    Hallo Marco,

    in hoffe, Du hälst auch heute Deinen Ruhetag mal ein.

    Ansonsten wieder ein sehr beeindruckender Bericht. Respekt!

    Eigentlich bist Du ja ein bisschen zu beneiden, dass Du Deine Träume verwirklichst.

    Bis heute abend!

    Gruß Mama

  4. Steffen sagt:

    Hi,
    Wow, beeindruckender Tag und Bericht. Jedes mal hätte ich such Lust eine Tour ‚Auf den Spuren des MavoHa‘ zu planen 😉
    Typisches Phänomen mit dem Ruhetag, man fährt ja entspannt weil man das Ziel schon erreicht hat. Also pass auf deine Ruhetag auf… Kannst ja die Badehose auspacken,zur totalen Abhärtung .
    Viel Spaß und heute Ruhe, bei uns hier brechen die letzten Tage auf der grünen Insel an, du hast ja noch ein paar Tage 😉
    Bis Fenne, erstmal Eier kein empfang

  5. Ecki sagt:

    Hey Marco,

    das war a ein beeindruckende „Ruhetag“…..
    Jetzt hast Du aber erstmal genug Rekorde aufgestellt und ich gönne Dir und vor allem Deinen Beinen die heutige Entspannung.
    Kein Troll und auch kein Elch im Nebel?
    Hier im deutschen Herbst liegt der Wechsel auf die Winterreifen näher als die nächste Ganztagestour mit welchem Rad auch immer – selbt’s für’s Fully ist es mir zu schattig…
    Ich gebe es zu, gestern Abend war ich schon ein wenig traurig, keine neue Episode lesen zu können, umsomehr habe ich dann diesen Bericht von Tag 24 genossen.
    Gute Erholung,
    Ecki

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